Wirecard: Parlament und Regierung

Bei der Wirecard AG handelt es sich wahrscheinlich um einen der größten Skandale der letzten Jahrzehnte. Offenbar geht es dabei nicht nur um die Aktivitäten der Gesellschaft, sondern auch von Bundesregierung, Behörden, Börsenträgern und Parlamenten. Diese Seite stellt hierzu – ohne Anspruch auf Vollständigkeit und / oder Richtigkeit – einige Informationen zusammen.

Der Finanzausschuss im Bundestag gilt als wichtigster Kontrollausschuss der Oppositionsparteien. Daher steht ihnen auch der Vorsitz zu, der in der 19. Wahlperiode bei Katja Hessel von der FDP lag. Der Finanzausschuss führte am 31. August und 1. Sptember 2020 eine Anhörung zu Wirecard durch. Eine Spiegel-Umfrage vom 27. Juli 2020 (Civey) zeigte, dass eine große Mehrheit (57 % ja, 19 % eher ja) einen Untersuchungsausschuss gefordert hatte. Der Bundestag hat dann am 25. Juni 2021 den Schlussbericht des Wirecard-Untersuchungsausschusses beraten und einstimmig zur Kenntnisgenommen.

Das sind die Homepages des Obleute der Bundestagsfraktionen. Sie berichten dort in einem unterschiedlichen Umfang über die Aktivitäten zum Beispiel ihrer Fraktionen bzw. ihrer Bundestagsbüros:

Sven Giegold MdEP (Grüne/Bündnis90) hat 71 Finanzskandale mit einem Schaden in der Höhe von mehr als einer Million Euro zusammengetragen, die die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) in den Jahren 2007 bis Sommer 2020 nicht aufgedeckt hat.

Das ist eine Auswahl einiger, als wesentlich erscheinender Bundestagsdrucksachen:

Der Bundestag hat als Reaktion auf die Insolvenz von Wirecard das Gesetz zur Stärkung der Finanzmarktintegrität (Finanzmarktintegritätsstärkungsgesetz – FISG) beschlossen. Bedauerlicherweise wurden nicht alle Vorschläge von Sachverständigen in den Anhörungen des Finanzausschusses am 15. März 2021, 14. April 2021 und 26. April 2022 aufgenommen. Auch der Rechtsrahmen für Anleger wurde nicht im erforderlichen Umfang weiterentwickelt. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) arbeitet in seiner Stellungnahme vom 1. März 2021 einen weiteren Punkt heraus, der die Diskussionen kaum erreicht hat: Es gab bei Wirecard keine gesetzliche Arbeitnehmervertretung und keine Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat. Daher gab es im Unternehmen keine unabhängigen und gesetzlich geschützten „Geister“, die zum Beispiel die umfangreiche Berichterstattung der Financial Times hätten aufgreifen können. Schließlich hat bei Wirecard nur ein Kontrollmechanismus funktioniert: das Whistleblowing. Das führt zu der berechtigten Forderung des DGB, die bekannten Gesetzeslücken zur Vermeidung der Unternehmensmitbestimmung zu schließen. Für weitere sinnvolle Forderungen verweist die Stellungnahme unter anderem auf den „Public Corporate Governance Kodex des Bundes. Es spricht auch einiges dafür, die gesetzlichen Vorgaben für die Wahl der Anteilseignervertreter zu erweitern und den Vorsitzenden des Prüfungsausschusses zum primus inter pares abzuwerten.