short selling

Short selling bzw. Leerverkäufe ermöglichen einem Anleger Gewinne auch bei fallenden Kursen. Dazu kommt es auf einen belastbaren Informationsvorsprung an. In den letzten Jahren gab es mehrere Situationen, in denen Analysten massive bzw. bestandsgefährendende Risiken belastbar erkannt und ihren Anlageentscheidungen zugrunde gelegt haben. Dazu nutzen sie vielfach belastbare Informationen von Whistleblowern aus dem Umfeld von Unternehmen – was rechtlich problematisch werden kann. Soweit diese Informationen veröffentlicht werden, können sie auch von Anlegern genutzt werden.

Für Anleger geht es um die Frage, diese Situation rechtzeitig zur erfassen und seinen Anlageentscheidungen zugrundezulegen. Schließlich geht es vielfach darum, den Gegenwert für die Lebensarbeitsleistung vor Verlusten zu bewahren. Das zeigt auch die volkswirtschaftliche Seite: Die Finanzmärkte vermitteln Chancen – und zwar für Unternehmen und für Anleger. Das Integritätsinteresse als Eigeninteresse der Finanzmärkte verlangt hierzu nach belastbaren und funktionierenden Emittenten sowie Kontrollmechanismen. Berichte von Whistleblowern oder short sellern warnen häufig früh vor Kursverlusten. So ist zum Beispiel die Aktie von Wirecard nach der Ad-hoc-Mitteilung vom 22.06.2020 von deutlich über 100 Euro plötzlich zum pennystock geworden. Diese Verluste hätten Anleger für sich vermieden, wenn sie sich intensiv mit den schon seit 2008 vorhandenen und dann seit 2016 immer deutlicher wiederholten Hinweisen auseinandergesetzt hätten. Das gilt vor allem für die Berichte von Dan McCum in der Financial Times (House of Wirecard), Fraser Perring (seit 2016) zum Beispiel im Zatarra Report aus dem Jahr 2016 sowie der offene Brief von Fahmi Quadir von SaFKHeT Capital vom 15. März 2019 an Dr. Jean-Pierre Busselb (seit 2018) von der BaFin.

Bedauerlicherweise sind Fälle wie der Niedergang von Wirecard kein Einzelfall: Schon bei diversen Banken (Deutsche Bank, Commerzbank, IKB / HRE, Landesbanken wie NordLB) und Dieselgate hat sich gezeigt, dass die präventiven Kontrollsysteme nicht funktioniert haben. Das gilt nicht nur für die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), die Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung DPR e.V., die Wirtschaftsprüfer und die Deutsche Börse. Auch das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) und diverse andere Kontrollbehörden wie z.B. für die Fleischindustrie haben ihrem Prüfungsauftrag nicht entsprochen. Leider sind diese Stellen den Hinweisen von Whistleblowern nicht gefolgt. Entsprechendes gilt für CumEx, wo ersichtlich ebenfalls kein politischer Handlungswille bestand. Damit besteht ein strukturelles Problem, welches zwangsläufig zu ganz erheblichen, volkswirtschaftlich relevanten Schäden geführt hat. Besonders schwer trifft es auch hier die Anleger, die nach der Insolvenz mit einem Totalverlust rechnen müssen. Zudem zeigen die seit Jahrzehnten laufenden „Telekom-Klagen“ und die geringe Vergleichsquote in der Musterfeststellungsklage von Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) gegen die Volkswagen AG , dass es bedauerlicherweise keinen lückenlosen Rechtsschutz sowie keinen funktionierenden kollektiven Rechtsschutz für Anleger gibt.