Corona-Folgen und Hauptversammlung

Die Corona-Pandemie hat dazu geführt, dass keine Publikumshauptversammlungen mehr durchgeführt werden dürfen. Daher hat der Deutsche Bundestag am 25. März 2020 zur „Milderung der Corona-Folgen im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht“ einige Sonderregelungen beschlossen.  (Gesetzentwurf BT Drucks 19/18110 Seiten 3, 5, 8 ff., 25 ff.; Beschlussempfehlung Ausschuss Recht und Verbraucherschutz BT Drucks 19/18129 )  (Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz) Das Aktiengesetz und der weitere Rechtsrahmen wird nicht modifiziert. Die Aussprache und Beschlussfassung fand am 25.03.2020 im Bundestag statt, Liveübertragung am 25. März 2020 ab 15.00 Uhr..

Unsere Einschätzung:

  • Die Funktion der Hauptversammlung darf nicht geändert werden. Sie ist für den Streubesitz (free float) häufig die einzige Gelegenheit, um sich mit Vorstand und Aufsichtsrat austauschen. Das Frage- und Rederecht sollte einen Diskurs und einen echten Austausch ermöglichen, was häufig auch gelingt. Diese Möglichkeiten dürfen nicht reduziert oder abgeschafft werden.
  • Die Praxis macht nur sehr zögerlich von § 118 AktG Gebrauch, der schon jetzt digitale Hauptversammlungen ermöglicht. Es wäre begrüßenswert, wenn die nun gemachten Erfahrungen auch künftig genutzt würden. Das erleichtert zum Beispiel auch eine Teilnahme für berufstätige Aktionäre, die nicht so viel Zeit haben. 
  • Es spricht auch einiges dafür, die Fragen schriftlich und vor der Hauptversammlung einreichen zu können. Eine schriftliche Beantwortung und eine Wiedergabe der Fragen und Antworten gehören dann aber auch dazu. Eine zumindest zeitlich begrenzte Veröffentlichung auf der Homepage entspricht auch dem Informationsbedarf der nicht erschienen Aktionäre bzw. dem Gleichbehandlungsgrundsatz aus § 131 Abs. 4 AktG.
  • Zum Fragerecht gehört das Rederecht. Die Hauptversammlung ist die einzige Gelegenheit für die außenstehenden Aktionäre, sich mit Vorstand und Aufsichtsrat auszutauschen. Besonders die Reden von wesentlichen Aktionären wie zum Beispiel Fondsgesellschaften und Kapitalsammelstellen sind von allgemeinem Interesse. Diese Möglichkeit besteht jetzt nicht mehr.
  • Der Notar sollte als „Zeuge der Hauptversammlung“ auch Feststellungen zu einer fehlerfreien technische Durchführung treffen müssen. Das könnte die vertraglichen Pflichten des technischen Dienstleisters, sein Fehlerprotokoll und die Wahrnehmungen des Notars umfassen. Das schafft eine zusätzliche Selbstkontrolle und Transparenz, aber keine Tatsachengrundlage für eine Anfechtungsklage. Eine Anfechtung wegen technischen Störungen schließt § 243 Abs. 1 Satz 1 AktG ohnehin schon aus. Das widerspricht allerdings dem Teilnahmerecht der Aktionäre. 
  • Die Aktionäre müssen sich auch an den Notar wenden können, um weitere Tatsachen zur notariellen Niederschrift erklären zu können. Dazu gehört unter anderem auch eine Protokollierung der nicht im erforderlichen Umfang beantworteten Fragen, § 131 Abs. 5 AktG.
  • Offen bleiben die Belange des Datenschutzes.

Auch andere Aktionärsvereinigungen haben sich zu diesen Rechtsänderungen geäußert:

Berichterstattung im Manager-Magazin mit VzfK:

Es gibt auch einen „Corona Squeeze-out“ in § 14 Abs. 4 WStFG.