Kollektiver Rechtsschutz

Verfahrensrecht: Sammelklagen, Gruppenklagen, Verbandsklagen – Bedarf es neuer Instrumente des kollektiven Rechtsschutzes im Zivilprozess?

 

Bundestag und Bundesrat haben am 14.06.2018 bzw. am 06.07.2018 in den §§ 606 ff. ZPO eine Musterfeststellungs- klage beschlossen, die erst zum 1.11.2018 in Kraft tritt.

In der Praxis wird sich zeigen, ob die Kritik

berechtigt war oder nicht.

Unsere Thesen:

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  1. Die Zivilprozessordnung geht von einem Rechtsstreit auf gleicher Augenhöhe aus. Bei asymmetrischen Prozesslagen verlangt das Grundgesetz eine Nivellierung im materiellen Recht und Prozessrecht. Das gilt vor allem für das Beweisrecht.
  2. Einzelkläger (z.B. Verbraucher) stehen Verursachern wie großen Unternehmen bei Massenverfahren und Streuschäden nicht auf gleicher Augenhöhe gegenüber.
  3. Die Verbandsklage auf Individualschadensersatz ist ein Fremdkörper im Zivilrecht.
  4. Primat des Rechts: Rechtsbruch darf sich nicht lohnen:
  • Legalitäts- und Integritätsinteresse des Rechtsverkehrs ist durchzusetzen.
  • Wettbewerbsrecht muss sich im kollektiven Rechtsschutz fortsetzen.
  • Gewinnabschöpfung.

5.  Ohne Justizentlastung kein effektiver kollektiver Rechtsschutz:·

  • Zahlungsklage statt Feststellungsklage; keine Verfahrensverdoppelung mit nachfolgender Zahlungsklage
  • Typisierungen bei Anspruchsgrund und –höhe
  • Darlegungslasten modifizieren / Ermittlungen beim Verursacher (Discovery)
  • Ziel: Vergleich in erster Instanz, sonst Grund- und Endurteil möglich.

6. Verjährung

  • Weicht Vertragsgegenstand von Typengenehmigung ab, verlängert das die Verjährung auf 30 Jahre.
  • Verjährung tritt erst sechs Monate nach Abschluss des Verfahrens im kollektiven Rechtsschutz ein.

7. Waffengleichheit auch im Kostenrecht :

  • Kappung des Kostenanspruchs der Beklagtenvertreter auf das Erforderliche
  • Angemessene Finanzierung der Klägerseite auch z.B. bei Sachverständigengutachten, die ein Gruppenkläger veranlasst;
  • Prozessfinanzierung für Anspruchsinhaber gehört nicht zur öffentlichen Daseinsvorsorge

8. Die Musterfeststellungsklage entsricht nicht den Anforderungen an einen effektiven kollektiven Rechtsschutz.